Arne Nielsen

Sein können, der man ist

Beitrag Interviews

Schreiben kann weh tun. Doch der dänische Schriftsteller Arne Nielsen würde nichts anderes tun wollen

 

Ich konnte Ihr Buch „Der Elefantenbäcker“ über Johan und seinen Bruder manchmal nicht weiterlesen, so beklemmend waren einige Passagen. Es hat etwas in mir zum Schwingen gebracht, das ich vergessen und erledigt glaubte.
Arne Nielsen Wir reden über so vieles. Aber nicht über das, was viele von uns erlebt haben oder immer noch erleben. Damit meine ich nicht, dass in jeder Familie Gewalt und Alkohol vorkommen. Aber das Ausgeliefertsein, die Ängste, die man beim Gehen auf brüchigem Eis aushalten muss, das sind Erfahrungen, die viele von uns prägen. Und trotzdem sprechen wir nicht darüber.

Ist Schreiben dann ein Trost?
Arne Nielsen Man sagt das so: „Ich habe mir etwas von der Seele geschrieben.“ Für mich ist Schreiben kein Trost, sondern ein Heranlassen. Indem ich mich mit einem Thema auseinandersetze, ist es nicht ferner, sondern es wird noch viel mehr Teil von mir. Richtig ist, dass das Schreiben ordnet. Und es gibt mir Kraft zu wissen: Ich halte es aus, mich einem bestimmten Thema zu nähern.

Warum schreiben Sie auf Deutsch?
Arne Nielsen Ich lebe seit 20 Jahren in Deutschland, ich denke und träume auf Deutsch. Doch ich werde nie in dieser Sprache posen und tricksen können. Ich zitiere nicht, ich arbeite kaum mit Metaphern, ich verwende selten Redewendungen. Bei jedem Satz, den ich auf Deutsch schreibe, stehe ich vor der Frage: Sagt er genau das, was ich ausdrücken will? Das ist mühevoll. Diese sprachliche Begrenzung bewahrt mich jedoch vor Eitelkeiten und fokussiert mein Denken. Das ist ein gutes Gefühl.

Schreiben tröstet nicht, aber es macht froh?
Arne Nielsen Schreiben ist meistens anstrengend, aber es ist genau das, was ich tun wollte, seit ich 1978 in Helsingør an der Hand meiner Mutter das erste Mal eine Bibliothek betreten habe. Und das ist es auch, was mich zuversichtlich stimmt: dass du in deinem Leben etwas finden und tun kannst, das genau dir entspricht und das dich ausmacht. Kann man mehr wollen?

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