Wildkräuter & Wildpflanzen: Tipps fürs Sammeln und Trocknen

Spätestens im März, wenn überall der Bärlauch blüht, gehen viele Naturfreunde raus, um Wildpflanzen und Wildkräuter zu sammeln. Aber auch der Sommer, Herbst und sogar der Winter eignen sich zum Pflücken. Welche Pflanzen man ganzjährig in der Natur findet und was man essen, trinken oder trocknen kann, erzählen uns die Wildkräuter-Experten Thorben Stieler und Annika Krause von dem Berliner Start-Up Kruut.

Frühling: Wenig Bitterstoffe, große Auswahl

Nach dem Winter beginnen die ersten Wildkräuter, Knospen und Blätter zu sprießen. Gerade das junge Grün strotzt nur so vor Nährstoffen. In den kleinen Sprösslingen ist die Wirkung quasi komprimiert. Es gibt noch einen weiteren Grund, warum wir besonders gerne im Frühling auf Wildkräutersuche gehen: Die jungen Triebe sind noch deutlich weniger bitter als die ausgewachsenen Wildpflanzen. Bitterstoffe sind aber dennoch in ausreichender Menge für eine Frühjahrskur enthalten.

  • Knospen: Von der Birke, Buche, Kirsche, Linde, Tanne. Beachte: Nicht alle Knospen sind essbar, wie z.B. die der Eibe.
  • Blüten: Vom Weißdorn, der Kirsche und dem Apfel
  • Junge Blätter: Zum Beispiel Birke, Ahorn, Buche, Linde, Haselnuss
  • Birkenwasser: Frisch gezapft von einer gesunden und ausgewachsenen Birke
  • Bärlauch: Aber schnell sein, denn sobald er blüht, ist’s vorbei! Und nicht mit Maiglöckchen verwechseln!
  • Brennnesseln: Die jungen Pflanzen haben im April noch keine Brennhaare entwickelt und können einfach mit den Händen geerntet werden
  • Sauerampfer: Erfrischend-säuerlicher Snack
  • Knoblauchsrauke: Schmecken super im Quark, aber nicht erhitzen, sonst geht das Aroma verloren
  • Vogelmiere, Hirtentäschel, Taubnessel, Giersch, Löwenzahn, Labkraut: Können in den Salat oder in den Smoothie
  • Gundermann: Minzig und perfekt zum Dessert

Sommer: Limonade für jetzt, Tee für später

Lange Sonnenstunden und etwas Feuchtigkeit – es sprießt und blüht überall. Viele Wildpflanzen stehen im Sommer in ihrer vollen Blüte, aber wir beobachten auch, dass manche jetzt noch mal neu austreiben. Bei einem Spaziergang finden wir zwischen Juni und August einige essbare Pflanzen am Wegesrand. Reife Brombeeren und Blaubeeren dienen als gesunder Snack zwischendurch.

  • Mädesüß: Schmeckt lecker nach Mandeln
  • Holunderblüten: Perfekt für Sirup, Saft, als Gelee und Marmelade oder auch einfach unverarbeitet als Zutat in einer gesunden Bowl
  • Dost oder auch Wilder Majoran: Die Blüten können getrocknet als (Pizza-)Gewürz dienen
  • Labkraut: Wir machen daraus gerne wilde Limonade mit naturtrübem Apfelsaft
  • Giersch: Steht jetzt in seiner vollen Blüte und eignet sich wunderbar als essbare Dekoration in Suppen und Salaten
  • Melde: Das Wildkrautwird auch Wilder Spinat genannt und entält einen beachtlichen Gehalt an Mineralstoffen– die zarten Blätter, die Stiele und auch die Blüten sind ideal für einen Smoothie
  • Beifuß: Sammeln und Trocknen wir jetzt schon als Gewürz für den Weihnachtsbraten
  • Wilde Malve: Die schleimlösenden Blüten passen perfekt in den Hustentee für den Winter – also jetzt schon mal trocknen!

Herbst: Jetzt zählen Wurzeln und Samen!

Im Spätsommer und Herbst beginnt die Zeit der Wurzeln und Samen. Die Pflanzen legen all ihre Kraft in die Reproduktion. Viele Nährstoffe werden in den Wurzeln gespeichert, um die kalte Zeit zu überstehen. Oft ist es jetzt nicht mehr so leicht, die Wildkräuter zu erkennen. Deshalb geben wir  immer den Tipp,  sich im Sommer schon zu merken, wo man mal etwas geerntet hat!

  • Brennnesselsamen: Von der Brennnessel werden jetzt vor allem die Samen genutzt, sie sind eine reiche Proteinquelle
  • Nachtkerze: Das Öl der Samen ist sehr wertvoll und gesund, da es reich an Linolsäure und Gamma-Linolensäure ist. Und sogar die Wurzeln können gegessen werden!
  • Spitzwegerich-Samen: Schmecken lecker im Müsli – ähnlich wie die bekannten Hanfsamen aus dem Biomarkt
  • Löwenzahnwurzel: Dient zum Beispiel als Kaffeeersatz – die Wurzel enthält sehr viel Inulin, welches unsere Darmflora stärkt
  • Knoblauchsrauke: Die Wurzeln schmecken ähnlich wie Meerrettichwurzeln

Winter: Erkältungskraut und Vitamine

Die Natur macht Pause und erholt sich für die nächste Saison. Wurzeln von Löwenzahn, Meerrettich und der Wilden Möhre können jetzt sehr nahrhaft sein und den Speiseplan erweitern. Nur einige wenige Wildpflanzen trotzen den kalten Temperaturen. Wir entdecken auf unseren Touren in und um Berlin herum Gundermann, Vogelmiere und Löwenzahn. Ausschau halten nach der Hagebutte, denn die beschert uns eine extra Dosis Vitamin C in der Erkältungzeit!

  • Nachtkerze: Die Wurzeln schmecken sehr mild und sind voller Stärke, Eiweiß und Mineralstoffe
  • Wilde Möhre: Die Wilde Möhre schmeckt im ersten Jahr sehr mild, kann genauso verwendet werden, wie unsere kultivierte Möhre
  • Große Klette: Sehr ergiebig und ähnlich wie Schwarzwurzeln im Geschmack
  • Vogelmiere: Nahezu unverwüstlich, deshalb auch in milden Wintern auffindbar – perfekt für Salate und Smoothies, kann wie Spinat zubereitet werden
  • Gundermann: Wächst bodennah und ist auch unter der Schneedecke zu finden. Wurde als Heilpflanze bereits von Hildegard von Bingen geschätzt und schmeckt lecker als Gewürz – ähnlich wie Petersilie
  • Hagebutte: Wächst genau dann, wenn wir sie brauchen – der Vitamin C-Lieferant am Wegesrand

Worauf muss man beim Sammeln achten?

  • Bei unseren Wildkräuterwanderungen erklären wir immer, dass man als Einsteiger mit leicht erkennbaren Pflanzen beginnen sollte, bei denen man sich ganz sicher ist – wie Brennnessel und Löwenzahn! Ohnehin empfiehlt es sich, unter fachkundiger Begleitung mit dem Sammeln zu starten. Zwar gibt es auch viele Bücher und Apps. Aber ein Kurs unter fachkundiger Anleitung ist die bessere Wahl. Denn es ist wichtig zu wissen, was gesammelt werden darf, welche Pflanzen giftig oder nicht genießbar sind und welche Mengen geerntet werden können, ohne dadurch Pflanzenbestände zu gefährden. Auch bei der Weiterverarbeitung und Haltbarmachung können Wildkräuterexperten helfen.
  • Idealerweise sucht man auf Wiesen und an Waldrändern. In jedem Fall fernab von Straßen und der konventionellen Landwirtschaft. Urbane Sammler können sich bei der Stadtverwaltung informieren, in welchen Parks nicht gespritzt wird.
  • Wichtig außerdem: nicht zu viel ernten! Denn wir wollen der Natur keinen Schaden zufügen – und besonders im Frühjahr sind Hummeln, Bienen sowie weitere Insekten auf Frühblüher angewiesen.
  • Der ideale Zeitpunkt zum Sammeln ist der frühe Vormittag an einem sonnigen Tag. Hier sind die Pflanzen am kräftigsten und der Tau ist bereits getrocknet, so sind sie länger haltbar.
    Tipp für die Lagerung: Wir schlagen die Wildkräuter in ein feuchtes Tuch ein – so halten sie sich ganze drei Tage im Kühlschrank.
  • Wir empfehlen Wildpflanzen-Anfängern, langsam mit dem Genuss zu beginnen. Denn unsere Verdauung muss sich erstmal wieder an die Zufuhr gewöhnen, da Wildkräuter noch intensiver schmecken und mehr Bitterstoffe enthalten als unser kultiviertes Gemüse.

Wildkräuter-Rezepte


Kulinarische Tipps
Aus jungen Sauerampferblättern, Löwenzahntrieben, Birke-Knospen und Lindenblättern machen wir gerne einen leckeren, vitaminreichen und entgiftenden Frühlingsalat. Knoblauchsrauke kann zum Würzen verwendet werden – und Brennnessel sowie die Melde dienen gedünstet als Spinatersatz. Birkenblätter, Löwenzahn und Gänseblümchen ergeben auch einen super Frühjahrstee. Es sind nahezu keine Grenzen gesetzt, Wildkräuter in seine Alltag zu integrieren: auf’s Butterbrot, in den Smoothie, gekocht oder in das Dessert. Auch einer unserer Favoriten: Gundermann in Schokolade getaucht!

Säfte, Tees und Wildkräuter trocknen
Außerdem kann man ganz leicht Säfte aus Frischpflanzen herstellen – dafür einfach das gesammelte Kraut pürieren und mit Wasser aufgießen. Auch toll sind frische Tees aus den gesammelten Kräutern. Zum Trocknen empfehlen wir einen dunklen, gut belüfteten Ort. Idealerweise liegen die Kräuter auf einem Sieb oder Gitter.

Tägliche Updates zu Tipps, Rezepten und Wildkräuterwanderungen in der Nähe gibt es auf kruut.de und @kruut_organic

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