Die einst vielfältige Grundlage unserer Nahrung wird zusehends von wenigen Konzernen beherrscht. Welche Zukunft hat Saatgut?
Auf den ersten Blick erscheint Saatgut als etwas Selbstverständliches: Pflanzen blühen, fruchten und erzeugen Samen, die geerntet und ausgesät werden. Auf allen Kontinenten arbeiten Bauern mit diesem natürlichen Zyklus. Sie haben über Jahrtausende unzählige Arten und Sorten an Nutzpflanzen erzeugt, angepasst an unterschiedlichste klimatische Verhältnisse und Böden – einen riesigen Schatz, unser Weltkulturgut.
Diese Basis unserer Nahrungsproduktion hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Mit nur 30 Pflanzenarten wird beinahe der gesamte Kalorienbedarf der Weltbevölkerung gedeckt. Allein drei Arten liefern 60 Prozent der Nahrungsenergie: Weizen, Reis und Mais. Ein riskantes wie anfälliges System, Ergebnis einer rasanten industriellen Konzentration. Um Saatgut wird weltweit gekämpft.
Zehn Agrarchemiekonzerne beherrschen mehr als die Hälfte des Marktes. Sie monopolisieren das Saatgut und erheben Besitzansprüche auf genetische Ressourcen, die von Bauern entwickelt wurden. Dagegen organisiert sich weltweit Widerstand: über die Zivilgesellschaft, Bauernorganisationen und soziale Bewegungen. Überall werden Netzwerke zum Austausch von Saatgut und Züchtungsmethoden gegründet.
Insgesamt sind über 75 Prozent der Nutzpflanzenvielfalt verloren. Seit 2005 arbeitet die FAO (Food and Agriculture Organization of the U. N .) daran, die Sortenvielfalt des Saatguts zu bewahren. Zu ihrem Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt gehört der Saatgut-Tresor auf der Arktisinsel Spitzbergen. In 120 Meter Tiefe lagern im ewigen Eis etwa 870.000 Saatgutproben aus aller Welt. Genbanken sind wichtig für Forschung und Züchtung. Der Anbau der Sorten jedoch ebenso, denn Nutzpflanzen müssen sich erneuern und anpassen können. Und das ist nur in Feld und Garten möglich.