Auf ihrem Blog „Besser leben ohne Plastik“ beschreibt Nadine Schubert, wie sie Plastik aus ihrem Leben verbannt hat. Wir haben sie gefragt, was für sie am schwierigsten war und wie sie es schafft, trotz des weltweit steigenden Plastikverbrauchs optimistisch zu bleiben.
Wie viele gelbe Säcke fallen bei Dir und Deiner Familie im Jahr an?
Nadine Schubert Wir haben keinen gelben Sack, sondern eine gelbe Tonne. Die wird alle vier Wochen abgeholt, allerdings stelle ich sie nicht immer raus. Ich würde sagen, sie wird maximal alle drei Monate geleert – aber weniger wegen des Plastiks, sondern wegen der Katzenfutterdosen.
Wie kam es dazu, dass Du begonnen hast, Dich mit dem Thema Plastik auseinanderzusetzen? Gab es einen Auslöser?
Nadine Schubert Ja, den gab es tatsächlich. 2013 hat mich eine Reportage über Plastikmüll so schockiert, dass ich dachte: „So kann´s nicht weitergehen!“ Seitdem verzichtet die Familie Schubert auf Kunststoffe.
Wie waren Deine ersten Schritte zu weniger Plastikverbrauch?
Nadine Schubert Das war ganz einfach. Ich habe nur noch Pfandflaschen statt Tetrapaks gekauft – und schon war unser Plastikmüll um die Hälfte reduziert. Ich habe mich außerdem geweigert, verpackte Dinge zu kaufen. Statt dessen habe ich meine Dosen mit an die Käsetheke und mein Stoffsäckchen mit zum Bäcker genommen. Das hat sehr schnell zu deutlich weniger Müll geführt.
Wie hat Deine Umwelt darauf reagiert?
Nadine Schubert Am Anfang recht skeptisch – manche Leute zumindest. Viele dachten, dass es gar nicht geht, kein Plastik zu kaufen. Schließlich ist ja alles verpackt. Andere meinten: „Wenn die das macht, dann wird´s schon passen.“ Ich bin nämlich bekannt dafür, mich gut zu informieren und durchzuziehen, was ich mir vornehme.
Worauf konntest Du am einfachsten verzichten?
Nadine Schubert Auf viele verpackte Lebensmittel. Denn bei Joghurt, Milch und Säften gab es auch vor acht Jahren schon Alternativen. Ich wusste auch davon, kaufte diese Dinge aber nie.
Und wo ist Dir der Plastikverzicht wirklich schwergefallen?
Nadine Schubert Anfangs war es schwierig, Kaffeebohnen ohne Plastikverpackung zu finden. Auch Cornflakes, die mein Sohn gerne aß. Aber auch da haben wir Lösungen gefunden: Heute liebt mein Sohn Knuspermüsli, das ich unverpackt kaufen kann. Und mein Bäcker im Nachbarort bekommt Kaffee lose in Pfandeimern. Nun gehe ich mit meiner Dose hin und kaufe den Kaffee ganz unverpackt.
Gibt es überhaupt noch Plastik in Deinem Haushalt?
Nadine Schubert Natürlich! Wir haben Strom, Telefon, Auto und Spielzeug. Auch meinen Staubsauger möchte ich nicht missen. Aber das sind Dinge, die man lange nutzt, die nicht schnell zu Müll werden. Das Problem liegt ja im Einwegplastik. Und das vermeiden wir ganz erfolgreich.
Über welche Art von Plastik ärgerst Du Dich am meisten?
Nadine Schubert Am schlimmsten finde ich, wenn Produkte völlig unnötig eingepackt werden. Da lassen sich unsere Supermärkte ja immer neue Sachen einfallen. Aber auch die Hersteller kommen auf die absurdesten Ideen. Halbe Kiwis, die dann in Frischhaltefolie eingewickelt werden müssen, eine Semmel mit Schaumkuss auf einer Styroporschale und nochmal eingewickelt als Snack zum Mitnehmen. Aber auch Produkte, die die Welt nicht braucht. Etwa Babywasser im Tetrapak, das schon abgekocht ist. Das geht auch anders. Neulich hat mir jemand ein Foto von Hundewasser in einer Art Joghurtbecher geschickt – für unterwegs. Das ist doch Mist!
Was würdest Du Menschen raten, die sich vom Plastik verabschieden möchten – was ist der erste Schritt? Womit fängt man am besten an?
Nadine Schubert Eigentlich ist es egal, wo man anfängt. Hauptsache man fängt überhaupt an. Ich finde aber, dass es in der Küche einfach ist. Schließlich kommt mit dem Lebensmitteleinkauf das meiste Plastik ins Haus. Deshalb: Leitungswasser trinken, auf Pfandflaschen und -gläser setzen und die Dose mit an die Theke nehmen. Das sind die klassischen Tipps. Außerdem spart massig Plastik, wer Seife statt Shampoo und Duschgel in Flaschen kauft.
Wie schaffst Du es, optimistisch zu bleiben? Der Kampf gegen Plastik ist doch manchmal ein Kampf gegen Windmühlen, oder?
Nadine Schubert Manchmal denke ich das schon. Wenn ich sehe, dass so viele Menschen es besser machen, dass selbst der Handel sich schon auf die Wünsche der Kunden einstellt – und dann aber Meldungen kommen, dass wieder mehr Plastik produziert wurde. Ja, da frage ich mich, wofür ich das eigentlich mache. Aber die Antwort ist klar! Ich tue es in erster Linie für die Gesundheit meiner Familie. Und weil ich ein Vorbild sein möchte. Ich belehre ja nicht, sondern zeige, wie´s anders geht.
Was sagst Du Menschen, die finden, dass das alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und gar nichts bringt?
Nadine Schubert Wer so etwas sagt, ist schlecht informiert. Ein Beispiel: 2013, als ich begonnen habe, über das Thema zu schreiben, gab es in Deutschland einen einzigen Unverpackt-Laden. Plastik war in der Öffentlichkeit einfach kein Thema. Heute hält es sich seit Jahren hartnäckig in den Medien, und Unverpackt-Läden schießen wie Pilze aus dem Boden. Wir nähern uns, glaube ich, der 100er-Marke. Es hat sich also was getan. Und ich bin stolz, diese Entwicklung mit angeschoben zu haben.
Zur Person
Nadine Schubert ist Journalistin, ehemalige Radiomoderatorin, Buchautorin und Bloggerin und lebt mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und zwei Katzen auf dem Land in der Nähe von Bamberg. Seit 2013 beschäftigt sie sich mit dem Thema Plastikvermeidung. 2016 schrieb sie den Spiegel-Beststeller „Besser leben ohne Plastik„, erschienen im Oekom Verlag. Ein Jahr später folgten mit „Noch besser leben ohne Plastik“ die Fortsetzung, 2020 das Kinderbuch „Grüne Helden – Ohne Plastik geht es auch“. Heute hält Nadine Schubert Vorträge und gibt Workshops zum Thema Plastikvermeidung. Auf ihrem Blog zeigt sie, wie sie selbst auf Plastik verzichtet und möchte Tipps geben, die leicht umsetzbar sind.
Uns hat sie ihre fünf wichtigsten Tipps, wie man Plastik vermeiden kann, verraten.
Text Ulrike Bretz Fotos Hannsjörg Schumann, Oekom Verlag, Jessica Jungbauer